Fehlurteile
Virchows Fehlurteile in der Pathologie
Seinen hohen Rang in der Geschichte der Medizin verdiente sich Virchow vor allem mit seinem Konzept der Zellularpathologie. Der weltberühmte Wissenschaftler war jedoch keineswegs unfehlbar. Vielmehr ist die Liste seiner spektakulären Irrtümer erstaunlich lang. Das allein ist jedoch nicht weiter verwunderlich; schließlich war er Naturforscher und kein Hellseher.
Erstaunlich mutet vielmehr an, mit welcher Hartnäckigkeit Virchow jahrzehntelang an seinen Irrtümern festhielt, selbst angesichts sich häufender, gegenteiliger Befunde. Das eigenartige Phänomen scheint mit seinem ungeheuren Selbstbewußtsein zusammenzuhängen. Während Virchow seine eigenen Hypothesen mit einer fast lutherischen Selbstgewißheit verteidigte, hatte er große Mühe, bahnbrechende Ergebnisse anderer großer Forscher anzuerkennen. Dabei hat man manchmal den Eindruck, daß Virchow deren Erfolgsideen durchaus enthusiastisch akzeptiert und missionarisch verbreitet hätte, wären sie nur seiner eigenen Einsicht entsprungen.
Bakteriologie: Virchows Verhältnis zur Bakteriologie, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ihre spektakulären, alles andere in den Schatten stellenden Triumphe feierte, blieb zeit seines Lebens ambivalent. Wenn er sie auch nicht offen bekämpfte, so überrascht doch seine übertrieben skeptische und zögerliche Haltung.
Evolutionstheorie: Kritisch blieb Virchows Einstellung auch zur wissenschaftlichen Großtat von Charles Darwin, dessen "Origion of Species" 1859 herauskam, ein Jahr nach Virchows "Zellularpathologie".
Unter Virchows fachspezifischen Fehlurteilen treten folgende besonders hervor:
Tuberkulose: Virchow lehnte die Tuberkel und Phthise zusammenfassende Lehre von Laennec ab.
Zelltumoren: Für Virchow waren alle zellulären Neubildungen Ergebnis einer Proliferation des Bindegewebes.
Puerperalsepsis: Virchow konnte sich nicht recht mit der Semmelweis´schen Erkenntnis anfreunden und glaubte mehr an die ursächliche Bedeutung von "Miasmen".