Rückkehr nach Berlin
Virchow kehrt 1856 von Würzburg nach Berlin zurück
Nach 7 Jahren in Würzburg kehrte Rudolf Virchow 1856 wieder an seine alte Wirkungsstätte in der Berliner Charite zurück. Im Anschluß an den Tod des Pathologen Meckel im Januar 1856 setzte ein regelrechter Wettlauf um die vakante Professur ein. Neben Virchow zählten Robert Remak (1815-1865) und der später berühmte Chirurg Theodor Billroth (1829-1895) zu den aussichtsreichsten Bewerbern.
Als ehemaliger Aktivist der März-Revolution von 1848 war Virchow im preußischen Kultusministerium zwar nicht in bester Erinnerung. Dank seiner Zellularpathologie war er jedoch mittlerweile so berühmt, daß er siegreich aus dem Wettlauf hervorging. Das großzügige Stellenangebot von Fakultät und Ministerium kombinierte den Lehrauftrag für Pathologie mit der Prosektur (Einheit von Theorie und Praxis), einem angemessenen Gehalt (mehr als doppelt so hoch wie in Würzburg) und dem Versprechen des Neubaus eines eigenen Instituts.
Darüberhinaus bewogen Virchow folgende Gründe zur Rückkehr:
- Mit der Konzeption der Zellularpathologie hatte er seine pathologische Forschung zum krönenden Abschluß gebracht. Was er jetzt brauchte, war eine große Bühne zu ihrer Verkündung. Dafür eignete sich die kommende Weltstadt Berlin besser als die Würzburger Provinz.
- Dem Atheisten bzw. nominellen Protestanten war die Aussicht unbehaglich, daß seine nun schulpflichtig werdenden Kinder in einer Würzburger Schule katholisch erzogen würden.
- Den Wahlberliner plagte Heimweh. Nach Aussage eines Assistenten fühlte er sich in Würzburg „förmlich verbannt“.
Dem gegenüber waren die Bemühungen seiner Würzburger Kollegen, ihn am Main zu halten, zum Scheitern verurteilt. Das Münchener Ministerium verlieh dem Ausländer aus Preußen sogar den bayerischen Verdienstorden. Zu Virchows großer Abschiedsparty im Juli 1856 kamen ca. 150 Kollegen. Auch der 3. Ruf an die Universität Zürich verhallte ungehört.
Am 6. Oktober 1856 reiste Virchow mit der Bahn von Würzburg nach Berlin, wo er in den folgenden 46 Jahren eine herausragende Rolle in Medizin, Anthropologie und Politik spielen sollte.